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Was versteht man unter Pemphigus?

Der Pemphigus (griech. pemphix = Blase) ist eine seltene, schwere und meist chronisch verlaufende Erkrankung der Haut und der Schleimhäute mit Blasenbildung. Es werden zwei Hauptformen unterschieden, der Pemphigus vulgaris und der Pemphigus foliaceus. Während beim Pemphigus vulgaris die Schleimhäute (fast immer die Mundschleimhaut) befallen sind und es zusätzlich zu Blasen/Erosionen am Körper kommen kann, ist beim Pemphigus foliaceus ausschließlich die Körperhaut betroffen. Charakteristischerweise entstehen die Blasen sehr oberflächlich in der Haut, innerhalb der Oberhaut (Epidermis). Die Blasen sind meist schlaff und mit klarer Flüssigkeit gefüllt. Durch rasches Aufplatzen des dünnen Blasendaches kommt es zu häufig großflächigen, schmerzhaften, nässenden oder krustig belegten Hautdefekten (Erosionen). Diese heilen langsam, in der Regel ohne Narbenbildung ab. Früher, vor 1950, war der Pemphigus vulgaris eine lebensbedrohliche Erkrankung, heute stehen jedoch verschiedene wirkungsvolle Medikamente (u.a. Kortison) zur Verfügung, um den Krankheitsverlauf positiv zu beeinflussen.


Wann und wie häufig tritt der Pemphigus auf?

Der Pemphigus ist mit 0,1 bis 0,5 Neuerkrankungen pro 100 000 Einwohner im Jahr eine seltene Erkrankung und tritt bei beiden Geschlechtern etwa gleich häufig auf, typischerweise zwischen dem 40. und 60. Lebensjahr.


Was ist die Ursache des Pemphigus und was geschieht in der Haut?

Beim Pemphigus vulgaris und Pemphigus foliaceus werden bestimmte Eiweißstoffe, sog. Autoantikörper gebildet, die sich gegen spezifische körpereigene Strukturen der Haut (Autoantigene) richten: Desmogleine. Desmogleine sind die „Kittsubstanz“ zwischen den Hautzellen und die Bildung von Autoantikörpern führt zur Zerstörung dieser Kontaktstellen. Dies führt zur Spaltbildung innerhalb der Oberhaut, die sich mit Gewebsflüssigkeit füllt. Das Autoantigen des Pemphigus vulgaris ist Desmoglein 3, beim Pemphigus foliaceus ist es Desmoglein 1. Bei Patienten mit Pemphigus vulgaris, die an Haut- und Schleimhautveränderungen leiden, wird zusätzlich zu Desmoglein 3 auch Desmoglein 1 erkannt. Desmogleine sind wichtige Proteine, die den Zusammenhalt der Zellen in der Oberhaut vermitteln. Die genaue Ursache, warum es zur Ausbildung von Autoantikörpern kommt, ist noch nicht geklärt. Unter anderem können verschiedene Medikamente an der Auslösung eines Pemphigus beteiligt sein. Betroffen sind insbesondere Hautareale, die stärkeren Druck- bzw. Reibebelastungen ausgesetzt sind (Rücken, Gesäß) sowie die Schleimhäute von Mund, Nase, Rachen oder Genitale. Sehr selten können die Bindehäute des Auges beteiligt sein.


Wie verläuft der Pemphigus?

Die Ausprägung und Schwere der Hautveränderungen variiert von Patient zu Patient. Das klinische Erscheinungsbild wird bestimmt von der Lokalisation der Spaltbildung innerhalb der Zellschichten der Oberhaut. Diese ist abhängig davon, welches Autoantigen der Zellkontaktstellen angegriffen wird. Häufig sind Patienten mit Pemphigus vulgaris vor allem durch die sehr schmerzhaften Veränderungen an der Mundschleimhaut stark beeinträchtigt. Nicht selten kommt es aufgrund der schmerzhaften Nahrungsaufnahme zur deutlichen Gewichtsabnahme und allgemeiner Schwäche.


Wie kann der Pemphigus diagnostiziert werden?

Erste Hinweise für die Diagnose ergeben sich aus dem klinischen Erscheinungsbild. So lassen sich Blasen durch Schiebedruck auf gesunder Haut auslösen (sog. Nikolski-Phänomen). Diagnostische Tests zum Nachweis der Autoantikörper in der Haut/Schleimhaut sowie im Blut stehen heute zur genauen Analyse zur Verfügung.

* Entscheidend für die Diagnose ist die mikroskopische Untersuchung einer Gewebeprobe. In Spezialfärbetechniken (direkte Immunfluoreszenz) werden die Haftstellen der Autoantikörper sichtbar gemacht.

* Die krankheitsspezifischen Autoantikörper sind bei fast allen Patienten auch im Blut nachweisbar und es besteht eine direkte Beziehung zwischen der Menge der Antikörper und der Schwere des Krankheitsverlaufes. Die Autoantikörper im Blut der Pemphiguspatienten lassen sich mittels Spezialuntersuchungen (indirekte Immunfluoreszenztechnik, ELISA) im Labor nachweisen.


Wie wird der Pemphigus behandelt?

Je nach Schwere der Erkrankung werden äußerliche und innerliche Therapiemaßnahmen kombiniert. In der Regel erfolgt die Einleitung der Therapie im Rahmen eines stationären Aufenthaltes. Ziel der Behandlung ist die Unterdrückung der Bildung von Autoantikörpern gegen körpereigene Strukturen bzw. die Verhinderung der Entzündungsreaktion, die durch die Bindung der Autoantikörper in der Oberhaut ausgelöst wird. Sollte ein auslösendes Medikament in Erwägung gezogen werden, sollte dieses zügig ab- oder auf ein anderes Präparat umgesetzt werden. Dies sollte immer nach Rücksprache mit dem verschreibenden (Haus-) Arzt erfolgen.

* Innerlich anzuwendende Medikamente: Es stehen verschiedene Medikamente zur Verfügung: In der Akutphase werden Kortisonpräparate eingesetzt, dabei wird die Dosierung der Schwere der Erkrankung angepasst. Mittel- und langfristig werden weitere Arzneistoffe kombiniert oder einzeln eingesetzt, um möglichst bald die Dosierung von Kortison reduzieren zu können. Hier kommen z.B. Azathioprin, Mycophenolatmofetil, Mycophenolat-Natrium oder Cyclophosphamid zum Einsatz. In schwersten Fällen der Erkrankung mit einer äußerst hohen Konzentration von Antikörpern im Blut kann eine spezielle „Blutwäsche“ (Immunadsorption) oder die intravenöse Gabe hoch-dosierter menschlicher Antikörper (Immunglobuline) hilfreich sein. In den letzten Jahren wurde zudem die Behandlung mit dem Präparat „Rituximab“ bei schweren Formen des Pemphigus oder bei Patienten mit vorausgegangenen ineffektiven Therapien mit Erfolg eingesetzt.

* Äußerlich anzuwendende Präparate: Zur Entzündungshemmung und zur lokalen Unterdrückung der Antikörperbildung kommen kurzfristig Kortisonpräparate in verschiedener Stärke und in jeweils für die Lokalisation geeigneten Grundlagen (Cremes, Lotionen, Spülungen, Pasten) zur Anwendung. Begleitinfektionen durch Bakterien und/oder Pilze kann durch eine spezifische Therapie vorgebeugt werden.


Wie ist der Verlauf der Erkrankung?

Die Erkrankung tritt spontan auf und verläuft im Allgemeinen über viele Monate und Jahre in „Schüben“. Durch die modernen Behandlungsverfahren kann in etwa 80% der Fälle eine langfristige Erscheinungsfreiheit erreicht werden.